Ein Kunstwerk ist der geformte Ausdruck einer inneren Ordnung des Schaffenden - anders
gesagt: etwas Geistiges nimmt im Werk sinnlich erfahrbare Gestalt an.Dies lässt sich an Rembrandts Nachtwache eben so zeigen wie an Malewitschs Schwarzem
Quadrat. Und schon, wenn ein Kind nur eine Ente auf einem Teich malt, vollzieht sich diese Umsetzung einer inneren Vorstellung in sichtbare Zeichen auf dem Papier. Das, was ich hier innere Ordnung nenne, kann man
vielleicht wie eine geistige Blaupause verstehen, nach der sich die Gestaltung des Kunstwerks richtet. Was gemeint ist, hat in unübertrefflicher Weise Caspar David Friedrich in eine Regel
gefasst: “Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich
sieht.“ Wenn man Malen durch Ablichten ersetzt, gilt die Regel auch für Photographen: “. . . Sieht er aber nichts in sich, so
unterlasse er auch abzulichten, was
er vor sich sieht.“
aus: Dieter Mulch, Über die Photo-
graphie.Einführung in die Ausstellung
"Signale" von gleis3eck in der
Rathausgalerie Wetzlar v. 22.01.2015